Vermehrt schleichen kleine Leichtkraftfahrzeuge (Lkfz) durch die Städte oder über kurvenreiche Landstraßen. Bisher zwar erst rund zehntausend, Tendenz aber steigend. Denn die Bundesregierung will 2020 eine Million Elektroautos auf den Straßen haben. Viele davon in der kleinen Fahrzeugklasse „L7e“. Schon auf der letzten IAA stellte VW den Nils vor, Audi den Urban City, Opel den Rak-e oder Renault den Twizy. Der Twizy wird als Serienmodell seit einigen Wochen für knapp acht Tausend Euro verkauft. Seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei 45 km/h. Schon 16-Jährige dürfen diesen Stromer mit der Führerscheinklasse „S“ fahren – mit geringeren Prüfungsanforderungen als für den Autoführerschein.
In der übergeordneten Klasse L fahren zusätzlich Elektrofahrräder, Kleinkrafträder, zwei- oder dreirädrige Krafträder, Quads und Leichtkraftfahrzeuge. Innerhalb der EU sind es schätzungsweise mehr als 30 Millionen. Auf sie entfallen nur zwei Prozent aller gefahrenen Kilometer, aber 16 Prozent der Verkehrstoten.
Die vierrädrigen Kraftfahrzeuge der Klasse L7e haben bis zu 400 kg Leergewicht (550 kg bei Fahrzeugen zur Güterbeförderung), ohne Batterien im Falle von Elektrofahrzeugen. Die maximale Nutzleistung liegt dann bei 15 kW. „Noch sind für die Zulassung solcher Fahrzeuge keine Crashtests erforderlich“, sagt Andre Seeck, Präsident von Euro NCAP (European New Car Assessment Programme), der Prüforganisation für Crashtests in Brüssel. Gefordert ist nur die Typengenehmigung und Mindeststandards der aktiven Sicherheit wie beispielsweise Lenkung, Licht und Bremsen. Die EU-Kommission arbeitet schon an einer Änderung und warnt: „Die geringere Sicherheit von Leichtkraftfahrzeugen gegenüber herkömmlichen Personenkraftwagen ist als problematisch zu betrachten.“
Kommt es auf Landstraßen zu einem Unfall, ist die Kompatibilität der Leichtfahrzeuge kaum ausreichend. Sie sind bessere Roller, so wie einst BMW mit dem C1 einen einspurigen überdachten präsentierte. Der Twizy ist wohl sicherer und beansprucht den Platz eines mehrspurigen Fahrzeugs, „trifft“ er aber bei einem Crash auf einen „Großen“, droht Unheil. Schwacher Trost: „Wenn Roller- oder Fahrradfahrer in solche Fahrzeuge umsteigen, kann dies durchaus für sie mehr Sicherheit bedeuten“, meint Unfallforscher Andre Seeck.
Grundsätzlich sind diese Lfkz für die Stadt optimiert, mit einer hochsteifen Fahrgastzelle, die die Insassen ausreichend schützen soll. Für die Landstraße müssten sie eigentlich für höhere Geschwindigkeiten ausgelegt sein und damit im Crashfall die Unfallfolgen mildern. „Zwischen M1 (Pkw mit maximal 9 Sitzplätzen) und L7e sollte eine neue Klasse geschaffen werden, die mehr Leistung erlaubt, aber auch höhere Anforderungen an die passive Sicherheit stellt“, erklärt Verkehrssicherheitsexperte Seeck. Auch die Unfallforschung der Versicherer fordert für diese Fahrzeuge an Pkw angepasste Sicherheitsstandards sowie serienmäßig aktive und passive Sicherheitselemente. Angesichts der Gewichtsbeschränkung ist dies wohl kaum zu erfüllen.
Schreibe einen Kommentar