Modernste Videotechnik soll Telefonierer am Steuer überführen: Erstmals bedient sich die Polizei Künstlicher Intelligenz (KI) in einem Handy-Blitzer. Während Raser ab einer bestimmten Geschwindigkeit erfasst werden, erkennt die KI zuverlässig ein Handy sowie die Handhaltung des Autofahrers und fertigt entsprechend ein Foto. Doch die gesetzlichen Hürden für den Einsatz sind hoch. Ärger gab es schon beim Pilotbetrieb in Rheinland-Pfalz: Datenschützer, Polizei und Verkehrsanwälte kritisieren den Handy-Blitzer.
„Unfallforscher haben festgestellt, dass das Unfallrisiko beim Telefonieren um das Zweifache, beim Lesen oder Texten sogar um das Sechsfache und beim Tippen einer Telefonnummer auf das Zwölffache steigt“, sagt Marco Schäler, Geschäftsführer der Verkehrskommission der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Gründe genug, um das Handyverbot zu überwachen.
Ein halbes Jahr lang testete die Polizei in Rheinland-Pfalz. Schon die ersten Ergebnisse in Trier sorgten für Aufsehen: Gegen 327 Autofahrer wurde innerhalb von 46 Kontrolltagen ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Obwohl Landesdatenschützer Dieter Kugelmann kritisierte: “Die Rechtsgrundlage ist eher wackelig”. 50 bis 70 ertappte Autofahrer sollen mittlerweile Verkehrsanwälte mit Einsprüchen beauftragt haben. Es sei völlig offen, wie das Gericht entscheide, warnt der Datenschützer.
Das Überwachungssystem wurde erstmals in Australien und den Niederlanden erfolgreich getestet. In einer sogenannten „MONOcam“ arbeitet Künstliche Intelligenz: Über eine Mustererkennung sucht die Software nach einem Mobiltelefon oder Tablet, das der Autofahrer in der Hand hält. Die Kamera erfasst zum Innenraum auch das Kennzeichen. Einen Handyverstoß überprüfen dann Polizeibeamte auf einem Bildschirm. Etwa zwei Prozent der Aufnahmen werden als Zweifelsfälle gelöscht; Treffer an die zuständigen Bußgeldstellen weitergeleitet.
„Eine gesetzliche Grundlage für diese Aufnahmen sehe ich nicht“, sagt Jürgen Verheul, Verkehrsrechtsanwalt des ADAC in Trier. Er vertritt rund ein Dutzend geblitzte Handysünder. Wenn konsequent der Grundrechtsschutz angewendet werde, müsse man eigentlich recht bekommen. „Es geht mir nicht um die Milderung des unfallträchtigen Verhaltens der Telefonierer, sondern allein um die erforderliche Rechtssicherheit zur Bußgelderhebung”. Immerhin ist mit einem Bescheid ein Bußgeld von 100 Euro sowie ein Punkt in Flensburg verbunden.
Und auch die Polizei ist kritisch. „Es handelt sich um ein Pilotprojekt, in den Polizeigesetzen der Länder ist es noch nicht verankert“, sagt Marco Schäler. (Um gesetzliche Mindestvoraussetzungen zu erfüllen, wurden Autofahrer mit einem zusätzlichen Hinweisschild gewarnt.) Es müsse jetzt schnell eine Rechtsgrundlage im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) geschaffen werden, meint Schäler. Denn die Länderpolizeien planen schon einen bundesweiten Einsatz – sollte die Auswertung des Pilotprojekts positiv sein. emo #test,