Elektroauto brennt – Hilflose Helfer

21.2.2018 – Elektroautounfall auf der  A5 bei Karlsruhe. Ein Tesla rutscht unter einen Baustellenanhänger und verkeilt sich. Die Freiwillige Feuerwehr rückt an. Doch statt schnell mit Rettungsarbeiten zu beginnen, steht die Truppe abwartend vor dem Wrack. Bei ihrem ersten Unfalleinsatz mit
E-Auto-Beteiligung tauchen viele Fragen auf: Ist die Hochleistungsbatterie beschädigt, steht die Karosserie unter Strom und wo verlaufen die Hochvoltkabel? Um sicher zu sein, dass keine Gefahr für die Rettungskräfte besteht, ruft der Einsatzleiter bei Tesla in den USA an. Wertvolle Zeit verrinnt. Kein Einzelfall: Feuerwehrleute haben Angst vor Elektroautos.
In einem Stromer herrschen mehr als 600 Volt Hochspannung; schon 120 Volt können lebensgefährlich sein. “Bei technischen Neuerungen wie auch der E-Mobilität liegen anfangs noch keine praktischen Erfahrungen vor”, erklärt Thomas Egelhaaf, Leiter der Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg, “die Ausbildung der Rettungskräfte wird der technischen Entwicklung immer hinterherhinken”. Zunehmende Aufgaben führten dazu, dass nicht jeder Feuerwehrmann zum Thema intensiv geschult werden könne. Egelhaaf fordert klare Einsatzstandards.


Derzeit sind bundesweit von den 45,8 Millionen Pkw etwa 300.000 Fahrzeuge mit Elektro- oder Hybridantrieb unterwegs. Statt mit auslaufendem Kraftstoff, haben es Rettungskräfte mit einem chemische Kraftwerk zu tun, der Lithium-Ionen-Batterie (LIB). So kam es bei Tesla, dem einst “sichersten Elektroauto der Welt”, immer wieder zu spektakulären Unfällen. Anfangs durchschlugen aufgewirbelte Steine das Batteriegehäuse. Die Zellen erwärmten sich, überhitzten und explodierten. Bei diesem „thermisches Durchgehen“ wird bis zum Elffachen der Energie freigesetzt.

Etwa 300 Materialverbindungen sind innerhalb der LIB möglich. Als sehr gefährlich gelten auch Batterien mit Kobaltoxidkathoden. Sie liefern den nötigen Sauerstoff quasi selbst, erhitzen sich im Brandfall um etwa 370 Grad Celsius je Minute und brennen dabei explosionsartig ab. Nach einem Crash bleibt gespeicherte Energie dauerhaft erhalten – und gefährlich. So lässt sich auch ein spektakulärer Unfall in der Schweiz erklären als „The Grand Tour“-Moderator Richard Hammond mit einem Elektro-Sportwagen verunglückte. Der Wagen brannte vollständig aus. Fünf Tage später entzündete sich das Wrack ohne äußere Einwirkung nochmals. Und auch die Feuerwehr Reutlingen geriet in Not, da sich ein brennender Elektro-Smart nicht auf Anhieb löschen ließ. Man entschloss sich die Batterie zu kühlen und versenkte dazu den Smart in einen mit Wasser gefüllten Container. Damit war das Problem bis auf Weiteres aus den Augen.


Interview: Dr. Michael Buser, Geschäftsführer bei Risk Experts, Consulting-Partner für Risikoberatung und Schadenmanagement in Wien

1.)Welche Vorteile haben Lithium-Batterien?

Michael Buser: Gegenüber einer herkömmlichen Batterie ermöglichen die Lithium-Ionen-Technologie eine höhere Energiedichte. Dadurch kann bezogen auf das Gewicht oder auf das Volumen mehr Energie gespeichert werden. Weitere Vorteile: weites Temperaturspektrum, vielfache Lade- und Entladezyklen sowie eine geringe Selbstentladung.

2.)Was ist das Gefährliche an diesen Batterien?
Die größte Gefahr besteht im sogenannten “Thermal Runaway”, das heißt einer selbstverstärkenden Überhitzung. Dann wird die gesamte gespeicherte Energie nicht als elektrischer Strom sondern unkontrolliert als Wärme abgegeben. Die Batteriezelle brennt explosionsartig ab.

3.)Warum kommt es zu Batteriebränden?
Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein: Materialfehler in den Zellen, Montagefehler bei den Batteriekomponenten oder technische Fehler in der Steuerungstechnik. Unfalltypisch bei Elektroautos sind Kurzschlüsse als Folge beschädigter Elektrokabel oder Batteriezellen. Andererseits sind auch Probleme beim Aufladen möglich, die in der Ladetechnologie liegen.

4.)Welche Gefahren sind Rettungskräften beim Einsatz ausgesetzt?
Als besondere Gefahr sind die betriebstypisch hohen Spannungen und hohen Ströme zu erwähnen, die beispielsweise zur gefährlichen Entladung über sogenannte Lichtbögen oder zu einem elektrischen Schlag führen können. Dies ist besonders bei gecrashten Fahrzeugen mit beschädigten Elektrokabeln oder Batteriezellen zu beachten und beim Bergen von Verletzten, wenn Rettungsscheren eingesetzt werden.

5.)Mit welchen Mitteln können solche Brände gelöscht werden?
Brand- und Löschversuche haben gezeigt, dass vorrangig der ‘Thermal Runaway’ vermieden werden muss. Hierbei ist das Abführen der Wärme und damit das Kühlen der Batteriezellen mit viel Löschwasser sehr wichtig. Die gekapselte Bauweise der Fahrzeugbatterie erschwert dies aber und damit die direkte Kühlung der Batteriezellen.
Vielen Dank Herr Dr. Buser