Als Sommer- oder Wahlkampfthema abgetan, machte CSU-Chef Horst Seehofer die Pkw-Maut zur Vorbedingungen für mögliche Koalitionsgespräche nach der Bundestagswahl. Sein Vorschlag stößt bei Rechstexperten überwiegend auf Bedenken. Doch es gibt nach Meinung von Europarechtlern eine Lösung: Die Pkw-Maut nach Vorbild einer Lkw-Maut.
Gegen die Maut gibt es rechtliche Einwände, denn Ausländer, müssten dann auf deutschen Autobahnen zahlen. Für deutsche Autofahrer würde es eine Entlastung gleich welcher Art geben. Die EU-Kommission würde dies wahrscheinlich ablehnen. Nur über einen Systemwandel lässt sich die Maut einführen: Sie müsste demnach ökologisch und verkehrspolitisch begründet werden. Die Wirtschaftswoche stellt einige Ansätze vor.
Christoph Herrmann, Professor für europäisches Regulierungsrecht an der Universität Passau sagt, eine Maut, die nur für ausländische Fahrzeuge gilt, würde „ganz offensichtlich gegen das Gebot der Nichtdiskriminierung verstoßen“. Auch die Kupplung mit einer Kfz-Steuer sei europarechtlich so nicht umsetzbar.
Ausschlaggebend für einen Segen aus Brüssel wäre demnach eine „eigenständige Rechtfertigung“. Beispielsweise eine stärkere Betonung der Umweltentlastung. So könnten beispielsweise Klein- und Mittelklasse-Fahrzeuge weniger zahlen, die Ober- und Luxusklasse zahlt drauf.
Oder man schafft die Kfz-Steuer direkt ganz ab. Dies bietet sich an, denn bis Juli 2014 wird sie von den Finanzämtern erhoben, danach geht die Zuständigkeit auf den Bund über. Der Staat kassiert von den Autobesitzern so jedes Jahr 8,5 Milliarden €, eine neue Vignette bringt aber nur rund 4 Milliarden € in die Bundeskasse. Zudem hat eine beispielsweise 200 Euro teure Jahresvignetten den Nachteil, dass die Steuerungseffekte für CO2-arme Autos wegfallen. So könnte man beispielsweise bei einem Porsche Cayenne mit Allradantrieb dann rund 400 € sparen, beim VW Polo müssten noch 34 € draufgezahlt werden.
In der Diskussionen sind auch zwei weitere Modelle. Das älteste System in Frankreich und Italien setzt auf feste Kontrollpunkte, an denen Tickets gekauft oder Festpreise entrichtet werden müssen. Das würde sich für Deutschland mit seinen zahlreichen Autobahnauffahrten nicht rechnen: Die Systemkosten dürften die Einnahmen deutlich übersteigen.
Die technisch aufwändigsten Mautsysteme funktionieren wie das deutsche Lkw-Maut-System. Über Kontrollbrücken oder Kennzeichen wird die genaue Fahrstrecke erfasst und dann Kilometer genau abgerechnet. Nebenbei läßt sich so der Verkehr steuern: In Portugal zahlen Autofahrer nachts weniger als am Tag zu Stoßzeiten.
Eine ökologische Lenkung mit einer Art vignettenabhängiger Maut ist aber trotzdem möglich, so wie in den Beneluxländern, Dänemark und Schweden. Sie setzen auf die Euro-Vignette des deutschen Maut Betreibers Ages: LKW-Fahrer melden die Kennzeichen ihrer Fahrzeuge digital an, online oder an Tankstellenterminals. Gezahlt wird im Voraus. Das System speichert das Kennzeichen, über mobile Kameras kann die Polizei kontrollieren.
Dieses Lkw-System lässt sich theoretisch auch für Pkw umsetzen. Die Wirtschaftswoche zitiert Rolf Herzog, Geschäftsführer bei Ages, der vorschlägt: „Die Maut könnte man sogar noch ausdifferenzieren.“ Ökotickets für Fahrten außerhalb des Berufsverkehrs, Wochenendtarife oder Zweitwagen-Vignetten, seien denkbar. „Man darf es nur nicht zu kompliziert machen“. Denn sonst drohe ein Fiasko wie bei Toll Collect: Man wollte alles auf einmal haben. So verzögerte sich der Start und dem Bund entgingen mehrere Milliarden Euro Einnahmen.