Fünf Prozent aller Neuwagen in Deutschland werden von Online-Händlern über das Internet vertrieben. Als erster Automobilhersteller der Welt will BMW seine Autos demnächst selbst Online verkaufen. Mit dem Elektroauto i3, das am 29. Juli in New York, London und Peking der Weltöffentlichkeit vorgestellt wird, beginnt somit im Autohandel ein neuesZeitalter. Wie die Wirtschaftswoche berichtet, sollen BMW-Modelle künftig neben den Markenhändlern auch im BMW-Online-Shop verkauft werden. Man könne sich „gut vorstellen“, sagt demnach Deutschland-Vertriebschef Roland Krüger, dass der Verkauf im Internet „bei allen Modellen ergänzend eingesetzt wird“.
Ausgehend vom E-Auto i3 setzt BMW auf die Offensive „Future Retail“, die der Konzernvorstand schon im November letzten Jahres absegnete. Statt autonomer Händler, die auf eigenes Risiko Autos verkaufen, sollen demnach Vertreter auf Honorarbasis BMW-Autos absetzen.
Zudem sollen Verkäufer künftig die Kunden im Wohnzimmer oder am Arbeitsplatz aufsuchen. Eine sogenannte „Mobile Sales Force“ sei laut Krüger schon eingerichtet.
Den größten Effekt versprechen sich die Münchner aber vom Online-Direktverkauf. Obwohl bis dato kein Hersteller den Schritt ins Internet gewagt hat, wegen der Macht des Autohandels und den damit befürchteten massiven Proteste in der Branche, scheint der internetfreie Autohandel für Neuwagen vorbei.
Neben der Verlockung einer höheren Gewinnmarge durch einen Direktvertrieb dürfte auch die Unzufriedenheit mit den Händlern zu neuen Strategien führen. Schrumpfende Umsätze und mickrige Renditen führen andererseits dazu, dass Händler die Anforderungen der Hersteller oft kaum noch erfüllen können. Nach Berechnungen des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule Nürtingen-Geislingen sind bis 2025 über 100.000 Arbeitsplätze in Autohandel und Werkstätten bedroht. IFA-Leiter Willi Diez sieht eine „neue Konsolidierungswelle“ im Autohandel. In sieben Jahren seien von den rund 8.000 selbstständigen Autohändlern wahrscheinlich nur noch 4.500 übrig. So protestiert der Händlerverband gegen die Online-Absichten der Münchener.
Für die Marktpositionierung des i3 wählt BMW gleich mehrere neue Wege. Nicht alle 570 BMW-Verkaufsstätten dürfen das Elektroauto anbieten, sondern nur 14 Niederlassungen und 33 selbstständige Händler. Sie heißen alle „BMW i Agenten“, die im Auftrag und auf Rechnung der Bayern verkaufen. Anders als bei üblichen Neuwagen müssen sie also nicht auf eigenes Risiko ordern.
Wie Apple hat sich auch BMW für sämtliche Elektroautomodelle das „i“ markenrechtlich gesichert. Nach dem i3 und dem Sportwagen i8 sind weitere i-Modelle von i1 bis i9 geplant. Auch der Vertrieb bedient sich der Apple-Strategie. So schafft man einen „Product Genius“, der potenzielle Käufer als Fans informieren und begeistern soll – ohne zu verkaufen.
„Der Product Genius wird nicht an Verkaufszahlen gemessen, sondern nur an der Zufriedenheit der Kunden“ sagt BMW-Manager Krüger der WirtschaftsWoche. Natürlich nutzt der BMW-Product-Genius ein iPad von Apple. Damit lassen sich neue Kundengruppen erschließen, wie junge Städter, für die Smartphone und iPad wichtiger sind als ein eigenes Auto. Auf Facebook konnte man inzwischen schon 1,3 Millionen Fans für den i3 gewinnen. 17 Prozent davon haben sich auch als BMW-Fans registriert.