Derzeit sind in Deutschland rund 420.000 Fahrzeuge zugelassen, die älter als 25 Jahre sind, 280.000 sind gar älter als 30 Jahre. Der Gesetzgeber billigt ihnen sogar den Status eines Kulturguts zu, dann sind sie auch steuerlich absetzbar. Sie müssen nur ein „technisch ungewöhnliches Exemplar“ sein.
Solche Fahrzeuge sind bei kritischen Fahrmanövern auf das Fahrgefühl des Lenkers und die mechanische Technik angewiesen – ABS, der Schleuderschutz ESP und Fahrerassistenzsysteme waren damals noch weitgehend unbekannt. Genügen diese Fahrzeuge trotzdem den Anforderungen des hektischen Straßen¬verkehrs oder geht von ihnen eine erhöhte Unfallgefahr aus? Experten des Allianz Zentrum für Technik (AZT) haben die weltweit erste Studie zu Oldtimer¬unfällen und deren Charakteristik erstellt. Grundlage sind die amtliche Unfallstatistik und 450 Schadenfälle aus der hauseigenen Unfalldatenbank.
„Unerfahrenheit und Selbstüberschätzung verbunden mit mangelnder Fahrpraxis führen besonders bei sportlichen Klassikern immer wieder zu Unfällen“, erklärt Johann Gwehenberger, Leiter der Unfallforschung und Schadenverhütung im AZT. Denn das Fahrverhalten des Oldtimers sei nicht hinreichend gut bekannt. Da gerät beispielsweise ein 20jähriger mit dem Porsche 911 (Bj. 1973) seines Vaters auf regennasser Fahrbahn ins Schleudern und prallt mit einem entgegenkommenden zusammen. Sachschaden: etwa 70.000 Euro.
Handelt es sich um „normale“ Unfälle, zeigt die AZT-Statistik, dass die Hobbyfahrer am häufigsten Auffahrunfälle verursachen. „Neben dem ungenügenden Sicherheitsabstand, kennen sie oft nicht das niedrige Verzögerungspotenzial der Bremsen oder bremsen in der Notsituation zu vorsichtig, um ihr Fahrzeug so zu schonen“, unterstreicht Gwehenberger. Und jeder vierte Unfall passiert beim Wenden, Rück¬wärtsfahren oder Einparken, wenn Fahrer träumen oder sich schlicht mit den Abmessungen des Fahr¬zeugs verschätzen.
Unfälle haben den Mythos der „Schönwetter-Unfälle“. Es kracht überwiegend im Frühling, Sommer und Herbst, in den Nachmittagsstunden und am Samstag und Sonntag. Hier zeigt die Statistik aber eine markante Spitze am Freitag. Gründe dafür liegen beispielsweise im hohen Verkehrsaufkommen vor dem Wochenende. Außerdem bereitet der Umstieg vom modernen Pkw zum „Schätzchen“ mit dem sehr unterschiedlichen Fahr- und Bremsverhalten Probleme. Denn geschaltet wird oft noch mit Zwischengas, gebremst mit einem kräftigen Tritt aufs Pedal – ohne Bremskraftverstärker.
„Technische Mängel“ beeinflussen nicht nur bei Pkw die Verkehrssicherheit erheblich. „Wenn auch auf einem niedrigen Niveau, so ist, im Vergleich zum Pkw-Unfall, ein technischer Defekt zehnmal so häufig ursächlich an einem Oldtimer-Unfall“, stellt Johann Gwehenberger fest. Da sammelt sich Wasser in der Bremsleitung, ein überalterter Reifen platzt auf der Autobahn oder die zerkratzte Frontscheibe bricht das Sonnenlicht und blendet den Fahrer.
Dennoch, versichern die Experten, ist das Unfallrisiko mit einem historischen Fahrzeug gegenüber einem Pkw relativ gering. Das liegt vor allem an der besonders vorsichtigen Fahrweise der Chauffeure. Kommt es allerdings zu einem Unfall mit Schwerverletzten oder Getöteten, liegt das Verletzungsrisiko um etwa acht Prozent höher. Am Schlimmsten trifft es die Oldtimer-Insassen, deren Risiko dann um ein Drittel höher liegt. Ein kleiner Trost: Bei 1500 Kilometern durchschnittliche Jahresfahrleistung bleiben die Oldtimer meist in der Garage und beglücken ihre Besitzer allein durch ihr Vorhandensein.
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