Biker lieben Kurven

25.5.2015 – Kurven schneiden gilt bei Motorradfahrern häufig als Kavaliersdelikt, ist aber lebensgefährlich. Dies haben österreichische Unfallforscher in einer wissenschaftliche Auswertung festgestellt. Gepaart mit überhöhter Geschwindigkeit ist dieser Leichtsinn Unfallursache Nummer 1 auf engen, unübersichtlichen Strecken. Kommt dann noch ein Lkw oder Omnibus entgegen, ist ein Crash programmiert. Unfallberichte zeigen, dass sich viele Biker in solch kritischer Lage überschätzen und gerade nach der Winterpause zu forsch loslegen – und in Linkskurven dann auf der Gegenfahrbahn landen. Erstmals belegen die Unfallforscher mit Videoanalysen auf Alpenpässen die gefährlichen Begegnungen der Biker.

„95 Prozent aller Biker wählen in unübersichtlichen und engen Linkskurven die sogenannte Todeszone”, erklärt Martin Winkelbauer, Unfallforscher am Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) in Wien. Dies zeigte eine Studie in der kurvenreichen Region der Katschbergstraße in Kärnten,  wo die Experten Videokameras installierten und mehr als 38 Stunden Filmmaterial sichteten. Anschließend werteten sie die Standbilder von 811 Bikern im Kurvenscheitel aus. Erschreckendes Ergebnis: Vier von fünf Motorradfahrern müssten einem entgegenkommenden Schwerfahrzeug ausweichen. “Jeder sechste Motorradfahrer fuhr gar so weit links, dass bei Gegenverkehr ein  Frontalcrash kaum vermeidbar gewesen wäre”, stellt Unfallanalytiker Winkelbauer fest.

Kurvenschneiden4-Aufreger Copyright Foto Hannes Bagar KFVBesonders gefährlich ist die Begegnung mit einem Sattelzug. Im Gegensatz zu anderen Fahrzeugen fehlt dann der Sicherheitsabstand: wegen seiner Länge ragt das Führerhaus in die Gegenfahrbahn, sonst würde sein Heck die Felswand streifen. Einen entgegenkommenden Bus können Kurvenschneider auf engen Serpentinen frühestens  aus 26 Metern Entfernung wahrnehmen. Dann bleiben ihnen maximal 1,4 Sekunden, um einen Crash zu vermeiden.

Mit einfacher Farbe gelang es, die Verhaltensweise der Zweiradfahrer in solchen Problemkurven zu beeinflussen. Schon frühere Untersuchungen zeigten, dass Biker Fahrbahnmarkierungen aus Angst vor der Rutschgefahr nicht be- oder überfahren. Dies nutzten die Experten. So machen ellipsenförmige Ringe, rechts neben der Leitlinie aufgemalt, die Kurve optisch enger und sicherer. „Mehr als 80 Prozent der Motorradfahrer hielten sich danach in der Mitte des eigenen Fahrstreifens“, sagt Martin Winkelbauer. Kein einziger überfuhr die Mittellinie.